Art Venezia 2021
Strahlend scheint die Sonne auf uns herab und die Autobahn liegt zufrieden wie ein graues, samtenes Tuch zu unseren Füßen. Gemächlich gleiten wir dahin und ich kann meine Freude einfach nicht verbergen. Will es auch gar nicht … ich strahle überglücklich vor mich hin und genieße die vorbeifliegende Landschaft. Wir überqueren den Brenner gen Italien … endlich … der erste Stopp auf der rechten Seite erscheint in unserem Blickfeld. Ob wir wohl einen Espresso bekommen? Einen echten … italienischen Espresso, der nach Sonnenschein, Liebe und DOLCE VITA schmeckt. Wir beschließen, es auf einen Versuch ankommen zu lassen und finden einen wunderschönen Parkplatz in der ersten Reihe, direkt vor der Treppe zum Shop und direkt neben einem Fahrzeug der italienischen Polizei. Carabinieri, die in ihrem Fahrzeug sitzend … was auch immer tun …
Mit allmählich gewohnter Routine verstecke ich mein glückliches Gesicht und schönes Lächeln unter meiner schwarzen Maske und lerne, dass dieses „Kleidungsstück” in Italien "mascherina" heißt … unter diesem Namen gefällt sie mir gleich entscheidend besser …
Vorsichtig betreten wir den Shop ... nach sieben Monaten Lockdown in Deutschland muss ich erst wieder meine Flügel entknittern und mich an die Freiheit gewöhnen …
Inside … ist es … wie immer. Etwas weniger voll und etwas weniger laut … aber wir bekommen unseren Espresso … der sogar in einem kleinen Pappbecherchen hübsch aussieht und phantastisch schmeckt.
Wir genießen ihn auf der Motorhaube sitzend und strahlen um die Wette … so sehr, dass sogar mein eher pragmatischer Ehemann sein Paparazzi-Gen entdeckt und ein Selfie schießt …
Kann das Leben schöner sein?
Die erwarteten Grenz- und Gesundheitskontrollen beim Übertritt auf die italienische Seite fielen im Übrigen gänzlich aus … es war einfach Niemand dort … der es hätte machen können … so erreichen wir Venezia gänzlich unbehelligt …
Parkieren am Piazzale Roma und beobachten eine Dame in einem weißen Porsche. Die Ausstellungs-Utensilien werden auf einer Schwerlast-Sackkarree vertäut und der Schmuck im Rucksack versteckt geschultert und los geht es. Treppauf und treppab bis zur Anlegestelle des Vaporettos … in Richtung Rialto-Brücke via Ca'D'Óro. An Bord unseres Vaporettos beobachte ich eine Dame mit großem Rimova … und vergesse auch diese Beobachtung … als sie eine Station vor uns aussteigt.
Mit Koffer und ähnlichen Gefährten bewaffnet, büßen die Brücken in Venedig jede Menge an Charme und Schönheit ein und wir sind mehr als froh, endlich unser bezauberndes Quartier in Cannareggio zu erreichen ... für heute haben wir unser Tagwerk erledigt und uns einen Sprizz verdient …sammeln neue Kräfte und machen uns im Anschluss auf den Weg … um eine Taverne für das Abendessen zu finden … meine präferierte Wahl fällt leider aus … es ist Sonntag … aber es gibt noch ein Lokal … das ich bereits mehrfach mit gerümpfter Nase ignoriert habe, auf das nun die Wahl und Notwendigkeit des Tages fällt. Wir reservieren und gehen noch eine Weile spazieren, bis es Zeit ist … uns unserem Tisch zu nähern. Nun bin ich mehr als beeindruckt, wie fein der Tisch unter der rot-weiß-gestreiften Markise gedeckt ist und genieße voller Freude den Aperitif aufs Haus. So schnell kann ich also meine Meinung ändern und meine gekräuselte Nase zufrieden glätten … Wir bestellen … plaudern und genießen den Abend. Er wird mir nach sieben langen Monaten mehr als in Erinnerung bleiben.
Am Nachbartisch nimmt eine Dame Platz. Ihre Abendgesellschaft erscheint und ich registriere dies nur für einen kurzen Moment … dann kehrt meine Aufmerksamkeit sofort zurück zu meinem bezaubernden Abend. Das Abendessen ist mehr als vorzüglich, die Bedienung äußerst charmant und der Likör aufs Haus … ein Gedicht. Als es allmählich Zeit wird aufzubrechen, wird meine Aufmerksamkeit ins Innere des Restaurants gelenkt. Der junge Herr vom Nebentisch hat das Piano zum Leben erweckt und verzaubert den Augenblick mit seinem musikalischen Können … Ohne Nachzudenken gehe ich hinein und geselle mich zu der intimen Runde. Lausche und bin verzückt … wir werden mit einem ganz besonderen Konzert beschenkt und lernen wunderbare Menschen kennen … kommen ins Gespräch, lachen … tauschen uns aus und genießen … Normalität … Freiheit … und Selbstverständlichkeit … verabreden uns für den nächsten Abend zum Essen an gleicher Stelle und ich lade zur Eröffnung ins Palazzo Albrizzi-CAPELLO ein … verabschieden uns … als würden wir uns schon immer kennen … auf dem Weg zurück in unser Quartier …erinnert mein Mann … die Dame im weißen Porsche… wir beschließen … am nächsten Tag … danach zu fragen …
Gemäß der künstlerischen Gewohnheiten bin ich am nächsten Tag kurz vor Eröffnung glühend vor Lampenfieber … bemerke die Schönheit des Ausstellungs-Ortes und stecke jeden mit meiner Begeisterung an … der in meiner Nähe erscheint … beruhige mich endlich wieder und präsentiere mich und meine Arbeiten voller Stolz in einem persönlichen interview … endlich ist Eröffnung …
Ich schwelge in Freude und Begeisterung und genieße die Komplimente der Dame im weißen Porsche …