Café-Besuch
Der verhagelten Künstlerpetersilie geschuldet, fiel der Donnerstag in dieser Woche zwar nicht aus, aber zumindest aus schriftstellerischer Sicht ins eigene Wasser, ließ Tropfen über den Rand des Gefäßes schwappen und diese verlangten lautstark nach einem großem Schwamm zur Beseitigung des Malheurs. So kann ein Tag auch ins Land gehen. Ich nehme diesen Umstand einstweilen zur Kenntnis, tue, was zu tun ist und kehre zur angesagten Ordnung des Tages zurück.
Es steht ein Ausflug in „Djangos Asül“ für einen Abend in der Weltmetropole Bad Wiessee auf dem Programm. Gewandet in schwarzes Leder reiten wir durch die dunkle Nacht. Gekonnte Wortspitzen kitzeln uns ein Lachen aus den Kehlen …zu Beginn. Hoch liegt nun die Latte der Erwartungen und fällt in rasantem Tempo und einem trägen Plumps in den Sumpf des Mittelmaßes.
Ich rücke mein schwarzes Mieder zurecht, streife passende schwarze Handschuhe über meine schmalen Finger, in denen es begierig zu kribbeln beginnt … und verlasse den Ort des faden Geschehens … Sonnenschein!
Gedanken turnen bereits auf meiner Nasenspitze herum. Zupfen an meinen Augenlidern und kitzeln mich unter meinen Fußsohlen. Aufstehen!
Wir springen gemeinsam aus den Federn. Ein Geschäftstermin steht am heutigen Tag auf dem Programm.
Duschen …
Anhübschen …
Ein Kuss zum Abschied auf meine Nasenspitze hat zur Folge, dass einer der dort turnenden Gedanken sich nicht mehr halten kann und mit lautem Lachen auf meiner Stiefelspitze landet.
Die Absätze klappern unüberhörbar auf dem Trottoir. Wohlige Wärme begrüßt mich, sanftes Licht schmeichelt den fast schon erotischen Kurven der alten Gewölbe, als ich das Atelier erreiche. Kurz nach mir trifft auch mein Termin ein.
Nun fehlt mir zum Gelingen des heutigen Tages nur noch ein Milchkaffee und ein Stückchen Bienenstich. Schnurstracks wandern wir hinüber in das Café. Bestellen das Gewünschte und erfragen die Möglichkeit zur Mitnahme in ordentlichem Geschirr. Ich mag einfach keine To-Go-Becher. Die beiden Damen im Café sind überaus charmant. Ich pariere ebenso charmant. Wir werden gefragt, ob wir Keks oder Schokolade zum Kaffee wünschen.
Ned gschimpft is globt gnua.
Ich verdrehe meine Augen und jage diesen Gedanken vom Hof. Äußere meine Begeisterung und strahle die Bedienung herzlich an.
„Vielen Dank für Ihre freundliche Aufmerksamkeit.“
„Sie haben eindeutig den besten Bienenstich, weit und breit!“
Die zweite Bedienung taucht hinter dem Tresen auf und meldet sich zu Wort
„Bei uns fühlt sich auch jeder sehr wohl.“
Ich lächele und strahle sie weiterhin an. Sie ergreift nochmals das letzte Ende des Taus, das um diesen Satz geschlungen ist …
„Wir sind hier am Unteren Marktplatz wie eine Familie.“
„Jeder grüßt jeden ganz freundlich und alle achten aufeinander.“
„Es ist so schön hier arbeiten zu können, finden Sie nicht auch?“
Die Frage richtet sich nun direkt an mich.
Binnen Sekundenbruchteilen läuft ein Film vor meinen Augen ab … Ich sehe mich, wie ich mit meinem Strohkörbchen zu jedem Geschäft gegangen bin und mich persönlich vorgestellt habe. Sehe die Einladungen in ihren gelben Umschlägen zu meiner Eröffnungs-Vernissage, die ich ebenso persönlich überreicht habe. Auch in diesem Café, in dem ich nun stehe.
So schnell kann ich das Lasso gar nicht aus meiner Hosentasche hervorkramen, wie meine Worte auf dem Schimmel sitzen und aus meinem Mund galoppieren. Ebenso breitbeinig, wie breitschultrig wachse ich noch einige Zentimeter. Mein Rücken strafft sich und meine Hände bleiben in meinen Hosentaschen.
„Deshalb bin ich auch hier und habe hier meine Geschäftsräume angemietet.“
„Ich umgebe mich nur mit freundlichen Menschen.“
„Unfreundlich sein kann ich zu mir selbst am besten.“
Mein Ton ist eine Nuance schärfer und meine Augenbraue einen Millimeter höher geklettert. Die Luft hat sich um einen Hauch abgekühlt.
Mit Bienenstich und Milchkaffee bewaffnet kehren wir in mein Atelier zurück.
Kaum das wir sitzen … höre ICH nun ein Feedback.
„Also eines kann ich Dir sagen. Du musst Dir mal gar keine Sorgen machen, dass Du nicht gehört oder gesehen werden könntest.“
„Hast du bemerkt, wie die Damen zusammengezuckt sind bei Deinem Text?“
„Ja!“
„Klar!“
„Die waren so freundlich, warum hast Du die denn so überfahren?“
„Stimmt, jetzt waren sie sehr freundlich.“
Wieder schweige ich eine Weile und schaue aus dem Fenster über den vor mir liegenden Marktplatz. Lasse meinen Blick durch die Räume der ehemaligen Marktapotheke laufen. Sie fühlen sich ebenso wohl wie ich. Meine rechte Augenbraue erhebt sich stolz und streicht sich die vorwitzigen Härchen aus dem Gesicht.
Das erste Haus am Platz …im wahrsten Sinne des Wortes…
… ich kehre in den gegenwärtigen Augenblick zurück.
Worte warten in Habachtstellung darauf, dass sie gekonnt gewählt, ihre sommersprossige Nase endlich in der frischen Luft eines herrlichen Tages sonnen dürfen.
„Wie bei jedem Gericht entscheidet nicht die Schönheit der Schlüssel über den Geschmack des Inhalts …“
„… zu viel Salz vergällt jede köstliche Suppe.“
„Aber das Schöne ist ja …dass ich entscheiden darf, ob ich die versalzene Suppe anderer Leute auslöffeln mag.“